Sprachcomputer bei Autismus

Sprachcomputer Menschen aus dem Autismus-Spektrum erfassen die Welt auf besondere Art und Weise. Man könnte sagen, sie haben ein anderes „Betriebssystem“. In der Welt der neurotypischen Menschen gilt Autismus als Entwicklungsstörung ungeklärter Ursache, die sich in einer Störung der Wahrnehmung und Reizverarbeitung zeigt. Herausforderungen bestehen vor allem im sozialen Umgang und der Kommunikation. Gestört ist nicht nur der Sprachgebrauch und das Sprachverständnis, sondern auch die nonverbale Sprache wie Körpersprache oder der Blickkontakt beim Sprechen.

Etwa jedes zweite autistische Kind entwickelt keine Lautsprache, bei den anderen ist die Sprachentwicklung meist verzögert.

Um dem autistischen Kind eine Kommunikation und damit auch den Aufbau von Beziehungen zu erleichtern, kann ein speziell für Autisten angepasster Sprachcomputer, auch Kommunikationshilfe genannt, zum Einsatz kommen.

Anforderungen an einen Sprachcomputer für Autisten

Eine grundsätzliche Herausforderung ist die Akzeptanz des Kindes, den Sprachcomputer oder Talker, wie Sprachcomputer für Kinder oft genannt werden, in die eigene Gedanken- und Vorstellungswelt zu integrieren.

Autisten haben intensive Wahrnehmungen und können schnell reizüberflutet sein. Sie bevorzugen eine bestimmte Ordnung und können eher in Stress geraten, wird diese Ordnung gestört. Diesen besonderen Herausforderungen muss die Bedienoberfläche eines Sprachcomputers Rechnung tragen.

Die Fähigkeiten eines Autisten sind von Fall zu Fall höchst unterschiedlich. Die historische Einteilung von Autismus in frühkindlicher Autismus (Kanner-Syndrom, infantiler Autismus), atypischer Autismus und Asperger-Syndrom wird dem großen Spektrum an Symptomen nicht gerecht, weshalb mittlerweile von einer Autismus-Spektrum-Störung (ASS) gesprochen wird, die einer Differenzierung nach Schweregraden folgt:

Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD-11) Autismus-Spektrum-Störung mit Störung der intellektuellen Entwicklung Autismus-Spektrum-Störung mit Beeinträchtigung der funktionellen Sprache
6A02.0 ASS ohne Störung der intellektuellen Entwicklung ASS mit milder oder keiner Beeinträchtigung der funktionellen Sprache
6A02.2 ASS ohne Störung der intellektuellen Entwicklung ASS mit beeinträchtigter funktioneller Sprache
6A02.1 ASS mit Störung der intellektuellen Entwicklung ASS mit milder oder keiner Beeinträchtigung der funktionellen Sprache
6A02.3 ASS mit Störung der intellektuellen Entwicklung ASS mit Beeinträchtigung der funktionellen Sprache
Nicht vollständige Auflistung der ICD-11: Psychische und Verhaltensstörungen > Neurologische Entwicklungsstörungen > Autismus-Spektrum-Störung.
Nach der neuen Einteilung finden sich beispielsweise viele Menschen mit Asperger-Syndrom in der Klasse 6A02.0 wieder, während Kinder mit niedrigfunktionalem frühkindlichen Autismus sich häufig in der Klasse 6A02.3 wiederfinden.

Kommunikationsstrategien

Moderne Sprachcomputer sind individuell anpassbar auf die Fähigkeiten und den aktuellen Entwicklungsstand des Menschen mit Autismus. Die Einstellmöglichkeiten von Kommunikationshilfen reichen von einfach bis komplex:

Einfach Komplex
Einfache Oberfläche mit nur zwei Aussage-Möglichkeiten Zahlreiche Aussage-Möglichkeiten, die in Ordner strukturiert sind
Einzelne Wörter Ganze Sätze
Text Symbole
Benennung alltäglicher Gegenstände Benennung von Abstraktem wie z. B. Gefühle
Beispiel: Je nach Entwicklungsstand kann eine Kommunikation auf Wortebene (einzelne Wörter) eher erfolgversprechend sein als eine Hinterlegung ganzer Sätze.

Autistische Kinder haben häufig nicht nur ein großes Interesse an Ordnungssystemen wie Ziffern oder Symbolen, sondern auch ein Lieblingsthema, über das sie gerne reden. Das sollte auf einem Talker abgebildet werden. Auch Sprachspiele können die Akzeptanz des Sprachcomputers erhöhen.

Wichtig ist eine genaue Bebilderung, da Autisten Schwierigkeiten haben, abstrakte Bedeutungen „zwischen den Zeilen“ zu erkennen.

Kommunikationsanbahnung

Im ersten Schritt geht es oft darum, die Kommunikation anzubahnen: Das autistische Kind lernt, dass Kommunikation einen Vorteil bietet. Dazu erfährt es, dass (nur) geäußerte Bedürfnisse erfüllt werden können.

Eine spielerische Heranführung kann eine Oberfläche auf dem Sprachcomputer sein, die nur zwei Möglichkeiten zur Auswahl anbietet: „nochmal“ und „fertig“. So kann sich das Kind mit Autismus äußern, ob es eine (Spiel-)Handlung wiederholen möchte oder nicht.

Spracherwerb

Im weiteren Verlauf können einfache Sätze wie „ich möchte...(z. B. ein Spielzeug haben)“ genutzt werden. Hinzu kommen weitere Adjektive wie Größe, Farben oder die Anzahl von Gegenstände, bis hin zu Gefühlen, weitere Verben und ganzen Antwort- und Fragesätzen.

Die Oberflächen eines Sprachcomputers sind flexibel und können jederzeit an den aktuellen Entwicklungsstand angepasst werden. Dabei sollten stets die individuellen Vorlieben des autistischen Kindes inhaltlich berücksichtigt werden.

Durch die vielfältigen Möglichkeiten in der Unterstützten Kommunikation (UK), die ein Talker heutzutage bietet, ist der für solche Geräte etablierte Begriff der elektronischen Kommunikationshilfe zu eng gewählt. Der Begriff der Kommunikationshilfe besagt, dass bei der Kommunikation geholfen wird. Ein Sprachcomputer kann aber – insbesondere bei Autismus und anderen Entwicklungsstörungen – nicht nur in der Kommunikation, sondern auch bei der Motivation für Sprache / Kommunikationsanbahnung helfen und den weiteren Spracherwerb unterstützen.

Vorteile eines Sprachcomputers

Bei der Nutzung eines Talkers geht es nicht nur darum, Kommunikation zu ermöglichen, sondern auch die eigenständige Kommunikation zu fördern. Ein Sprachcomputer eröffnet zusätzliche Chancen auf Kommunikation und kann damit wichtige Aufgaben im Rahmen einer Sprachtherapie unterstützen:
  • spontane Kommunikationsversuche verstärken
  • Kommunikationsgelegenheiten im Alltag schaffen
  • Dialogverhalten üben
  • Wortschatzaufbau
  • Grammatikerwerb
  • visuelle Unterstützung (durch Symbole) bieten
Dabei ist die visuelle Unterstützung nicht nur für den Spracherwerb hilfreich, sondern es können auch Tagesabläufe, Regeln oder Verhaltensalternativen visualisiert werden.

Bei Beschäftigung mit Sprache wird nicht nur die Sprachentwicklung, sondern auch die Wahrnehmung und soziale Interaktion gefördert.

Insbesondere die Teilhabe in der Gruppe kann erleichtert werden, wenn ein nichtsprechendes Kind mithilfe eines Sprachcomputers besser wahrgenommen wird. Es kann die Möglichkeit geübt werden, sich jederzeit zu äußern.

Oft sind Eltern und Therapeuten überrascht, wie sich ein Kind öffnen kann, sobald es bisher verborgene Fähigkeiten zeigen kann. Für Personen im Umfeld ist es zudem leichter, den tatsächlichen Entwicklungsstand besser einzuschätzen.

Talker sind von Haus aus mit vielen tausend Symbolen und speziellen Sprachstrategien für Menschen mit Autismus ausgestattet und können die Möglichkeiten von beispielsweise Bildkarten ergänzen. Auch eigenständige Üben wird mittels der Sprachausgabe möglich. Ein Sprachcomputer kann ein niedrigschwelliger Einstieg in die selbsttätige Kommunikation sein, da es ein beliebig geduldiges System ohne emotionale Überraschungen oder andere unvorhersehbare Abläufe ist.

Kommen autistische Kinder mit einem Sprachcomputer zurecht?

In aller Regel werden Sprachcomputer von Menschen mit Autismus gut angenommen. Es ist aber wichtig, die richtige Strategie auf dem Gerät einzustellen.

Die Motivation für ein autistisches Kind, einen Sprachcomputer zu benutzen, stellt in vielen Fällen keine große Hürde dar, da ein solches System auf die Stärken trifft, die Autisten haben: Ein Computer ist ein vorhersehbares System, in dem sich das autistische Kind sicher und ohne Angst vor Überraschungen haben zu müssen sicher bewegen kann. Sprachcomputer, die ähnlich wie andere Tablet-PCs aussehen, gelten heutzutage unter der Jugend als „cool“. Auch in Gruppen gibt es also eher wenig Akzeptanzprobleme.

Bei Störung der intellektuellen Entwicklung kann mit einfachsten Oberflächen begonnen werden. Ein moderner Sprachcomputer kann flexibel an das Sprachverständnis und an die sonstigen Fähigkeiten und Wünsche des Benutzers angepasst werden, so dass kognitiv immer die Bedienung möglich ist.

Sofern zur Autismus-Spektrum-Störung motorische Einschränkungen wie Lähmungen oder Spastiken hinzukommen, kann ein Sprachcomputer mit einer Halterung, einer Fingerführ-Schablone und einer Augensteuerung erweitert werden, so dass auch hier jederzeit eine Bedienung möglich bleibt.

Was kostet ein Sprachcomputer für Autisten?

In den allermeisten Fällen wird die Versorgung mit einem Sprachcomputer bei Autismus mit verzögertem oder ausbleibendem Spracherwerb von der gesetzlichen Krankenversicherung genehmigt. Die Kosten für die Kommunikationshilfe einschließlich angepasster Kommunikationsstrategie, Zusatzgeräte, Einweisung und Support werden dann direkt übernommen, so dass der gesetzlich Versicherte lediglich mit einer Zuzahlung in Höhe von 10,- € belastet ist.

Zu den Voraussetzungen für eine Versorgung durch die Krankenkasse stehen wir Ihnen beratend zur Seite.

Kommt ein Sprachcomputer eventuell in Frage, ist im ersten Schritt eine Erprobung notwendig. Diese können Sie über uns kostenfrei durchführen lassen. Die Erprobung erfolgt bundesweit bei Ihnen vor Ort. Dazu klicken Sie einfach unten auf den Button und lassen uns eine Anfrage zukommen.

Beratung

Wir hoffen, wir konnten Ihnen auf dieser Seite einen guten ersten Überblick über die Möglichkeit von Sprachcomputern bei Autismus geben. Autismus meint ein ganzes Spektrum an Fähigkeiten und Einschränkungen, von leichten Einzelsymptomen bis hin zu schweren Mehrfachbehinderungen. Daher ist bei einer Autismus-Spektrum-Störung (ASS) die Versorgung mit einem Sprachcomputer sehr individuell und es kann hier keine allgemeingültige Musterlösung gezeigt werden.

Sie haben aber die Möglichkeit, sich über untenstehenden Button kostenfrei und unverbindlich zum Thema Sprachcomputer und Talker für autistische Kinder individuell beraten zu lassen und einen Sprachcomputer unverbindlich zu testen:


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